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6.7. und 8.12.2002
live in Berlin


Freitag, 6.12.2002

Nach dem Split der Veranstalter des H.I.S. Festivals und der Leute von M. A. D. durfte man gespannt sein, ob es die M.A.D. ler hinbekommen würden, ein ähnlich gutes Festival auf die Beine zu stellen, wie die schon fast legendären Holidays In The Snow Festivals. Die Ankündigungen mit Bands wie den Adicts, The Business, Sham 69 oder den Cockney Rejects waren allerdings Grund genug, mich auf den Weg nach Berlin zu machen, auch wenn Sham 69 ihren Auftritt später leider mal wieder absagten. In Berlin angekommen ging erst mal die Suche nach dem Festivalgelände los, da sich die Veranstalter im Gegensatz zu der gleichzeitig stattfindenden Tattoo Convention oder der Erotikmesse (sabber !!!), über deren Plakate man an jeder Straßenecke stolperte, jegliche Hinweise auf das Festival gespart hatten und das, obwohl sich das Casino ausgerechnet irgendwo versteckt auf einem Bahnbetriebsgelände befindet.

Nach einiger Hin- und Her Rennerei war der Schuppen dann doch gefunden und die Warterei ging los, denn die M.A.D. ler hatten zwar den Kartenverkauf halbwegs ordentlich organisiert, aber offensichtlich ihren Zeitplan nicht richtig im Griff. Als sich dann die Türen des Casinos mit einiger Verspätung endlich öffneten, wurden zunächst erst mal die Plattenstände gestürmt, so dass ich auch gleich die erste Band verpasste. Aber bei so vielen Möglichkeiten, sein Geld zu verballern,war die Musik einfach zweitrangig. Nachdem ich meinen Geldbeutel ordentlich erleichtert hatte, war auch schon die zweite Band am Start. Nicht ganz so genial kam dagegen der Auftritt der Troopers rüber. Abgesehen von „Gewalt“ und „Gassenhauer“, die wohl ohnehin mit Abstand die besten Stücke der Band sein dürften, die die Jungs jedoch so ziemlich am Ende ihres Auftrittes spielten, zog sich das Konzert der Berliner doch eher so hin und riß nicht wirklich mit. Da Sham 69 ihren Gig abgesagt hatten, was einige der Anwesenden besonders freute, weil sie sich bereits zum dritten Mal vergeblich zu einem Konzert der Band auf den Weg gemacht hatten, bildeten The Exploited den Headliner des Abends.
Erstes Highlight des Abends war dann der Auftritt von Loikaemie, die hauptsächlich Stücke vom ihrem neuen Album „ III“ spielten, mit dem sie zur Zeit auch auf einer Art Tour durch Deutschland sind. Nun hört man ja die unterschiedlichsten Meinungen über die neue Scheibe der Band, aber Stücke wie „Rock ´n Roller Johnny“ oder „Good Old Rich Kid Bashing Day“ kommen für meine Begriffe nicht nur auf dem neuen Album ausgesprochen gut, sondern sind auch live ziemliche Kracher, so dass es kein Wunder war, dass die Jungs auch an diesem Abend entsprechend gut abräumten.
Auch wenn die meisten deutschen Bands nicht gerade nach meinem Geschmack sind, F.B.I. machten mit ihren teilweise doch recht witzigen Texten ´nen ganz passablen Eindruck. Weniger vom Hocker rissen da schon Blood Or Whisky. Die spielten zwar nicht schlecht, aber vergleicht man die Band mit anderen, wie etwa den alten Dropkick Murphys, den Real Mac Kenzies oder den recht spritzigen Porters, so wirkten Blood Or Whisky auf der Bühne doch eher unspektakulär. Zwar gehörte die Band früher mit zu meinen absoluten Favoriten, aber nachdem ich die Band bereits mehrmals bei Auftritten erlebt hatte, in denen sie so schlecht ausgesteuert waren, das man zwischen den einzelnen Stücken keinen Unterschied erkennen konnte und das Gefühl hatte, sie hätten den ganzen Abend nur UK 82 gespielt, war ich einigermaßen skeptisch.
Wenn ich´s richtig im Kopf habe, ging´s anschließend mit Charge 69 weiter, die den Anwesenden, wenn auch wieder mal in etwas anderer Besetzung. Trommler Laurent hat mittlerweile zur Gitarre gegriffen und den Gesangspart übernommen, wieder ´ne ordentliche Kelle voll französischem Streetpunk vom Feinsten servierten und stimmungsmäßig in der Hütte nochmals richtig einen draufsetzten.
Besser ging da schon der Auftritt von Reazione ab, die als nächstes am Start waren und neben alten Stücken auch einige neue Sachen spielten, die wohl auch auf einem bei Zeiten erscheinenden neuen Album der Italiener zu finden sein dürften.Zwar mussten die Kollegen auf ihren Trommler verzichten und auf einen Pappkameraden zurückgreifen. Der machte seinen Job nach einigen anfängliche technischen Schwierigkeiten jedoch recht passabel und Reazione brachten endlich etwas Stimmung in die Bude. Ganz anders jedoch an diesem Abend. Richtig gut ausgesteuert legten die Engländer ordentlich, wie es sich für einen Hauptgig gehört los, hauten den Anwesenden ihre Kracher um die Ohren, was das Zeug hielt und rundeten den Abend ab, der damit auch nach ´nem vielleicht etwas mäßigen Anfang ´nen recht guten Einstieg in das Festival bildete.


Samstag, 7.12.2002

Zweiter Festivaltag und wenn es nach den Namen der angekündigten Bands ging, konnte man sich darauf freuen, dass es an diesem Tag so richtig zur Sache gehen würde. Den Anfang bildeten an diesem Abend Boy Dot Com aus Australien(?), die es schafften mit ihrem schnörkellosen Punk in der kaum gefüllten Halle doch einen Großteil der bereits Anwesenden vor die Bühne. Von da an ging´s stetig aufwärts. Zunächst mit Hardsell und dann mit Red Alert, die wieder mal einen genialen Auftritt hinlegten.Überhaupt ist es immer wieder schön, die Jungs auf der Bühne zu sehen. Zwar hört man in letzter Zeit selten auch mal was Neues von den Engländern, aber die Kollegen sind mit so viel Spaß bei der Sache, dass sie es immer wieder hinkriegen, die Zuhörerschaft zu begeistern.
Weiter ging´s es dann mit Deadline, die nicht minder geil rüberkamen, als auf Ihrem vor einiger Zeit erschienenen Album „More To It“ und bei denen nicht nur das musikalische Drum und Dran stimmt sondern auch die Sängerin einfach allererste Sahne ist. Schade nur, dass der Auftritt bei solch genialer Musik mit gerade mal ca. 40 Minuten und ohne Zugaben leider viel zu kurz war, wie schon bei den Bands des Vortages, die kaum mehr Zeit für ihre Gigs zur Verfügung hatten, was nicht nur bei einigen Musikern doch für etwas Unmut sorgte. Auch wenn der Friseur von Mr. Pearce offensichtlich schon vor Urzeiten das Zeitliche gesegnet hatte und er lediglich noch an seiner dicken Brille zu erkennen war, wofür er sich vom Publikum einige Male mit dem Ruf „Oi! Oi! Skinhead, get your hair cut!” anhören musste, was er mit einem leichten Grinsen über sich ergehen ließ, Pearce und die anderen Bandmitglieder gaben ihr Bestes, mischten den Laden so richtig auf und hatten offensichtlich selber ´ne Menge Spaß an der Sache.
Frei nach dem Motto, Hauptsache doof, zogen die Jungs in Windeseile ihr Programm mit nackt singen und Arschfisten durch. Gut, so was is` Geschmackssache und kam offensichtlich auch bei den anwesenden Frauen ganz gut an. Wer´s mag. Meins war es jedenfalls nicht! Da soll noch mal jemand was gegen die Lokalmatadore sagen, aber immerhin ham´wa die Kassierer jetzt auch mal gesehen. Zum Glück ging auch dieser Gig schnell zu Ende und endlich kam wieder ´nen richtiger Kracher auf die Bühne, Last Resort, auf die ich mich schon lange gefreut hatte.
Auch 4 Promille, die ebenfalls mal wieder richtig die Kuh fliegen ließen, mussten aufhören, bevor sie sich richtig warmgespielt hatten. Gab es bei den NRWlern ordentlich Musik zum Mitgröhlen, war der Auftritt von Duane Peters Zombie Truppe und Corey Parks, richtig, das is` die große Basserin mit den riesigen Pistolen, die schon bei Nashville Pussy die Seiten zupft , eher was für die Augen . Na ja, musikalisch gefallen mir die US Bombs eigentlich besser und auch die Hunns ´ne recht heiße Show abzogen, so richtig nach meinem Geschmack war´s nicht, aber sie waren immerhin noch ´ne ganze Ecke besser, als das, was da noch kommen sollte, die Kassierer. Auch The Business, die an diesem Abend die Headliner des Festivaltages bildeten, legten sich mächtig ins Zeug, um die Leute zu begeistern. Und das gelang ihnen auch. Zwar ging es zunächst erst ein wenig hardcoremäßig los, die Musik von Fitz, Whale & Co tendiert ja seit einiger Zeit mehr und mehr in diese Richtung, doch dann zogen die Kollegen ihre alten Stücke aus der Kiste und mit Unterstützung der Deadline Sängerin ging die Post so richtig ab, so dass auch der zweite Abend des Festivals alles andere als ein Griff ins Klo war
Wenn auch ohne Arthur Kay ging es bei dem Auftritt der Engländer mit King Of The Jungle gleich richtig zur Sache, gefolgt von einigen anderen genialen alten und einem neuen Stück der Band und was das Beste war, auch einigen Stücken der 4 Skins, wie ACAB, Wonderful World oder Chaos. Irgendwie war es so, als hätte sich die Band nie aufgelöst.


Sonntag, 8.12.2002

Auch am letzten Festivaltag sollte es musikalisch noch mal richtig zur Sache gehen, zumal die Veranstalter mit ´ner Mischung aus Oi!, Punk , Hardcore, Rock´n Roll und Punkabilly ordentlich für Abwechslung gesorgt hatten.
Los ging´s mit dem Filaments, ´nem wirklich geilen Punkrockorchester, die teilweise etwas an frühe Mighty Mighty Bosstones und Voice Of A Generation erinnerten und von Anfang an gleich für die richtige Stimmung im Casino sorgten. Gleich im Anschluß war richtig cooler, satter Rock`n Roll Sound der Spitzenklasse mit Church Of Confidence an-gesagt, gefolgt von Tech 9. Und dann kam der Hammer! Für die meisten Leute war es sicherlich der eigentliche Hauptgig des Festivals, der Auftritt der Adicts. Auch ich hatte mich lange auf diesen Auftritt gefreut, zumal die Jungs ja schon mal beim H.I.S. angekündigt waren und das Konzert ausfiel und ich ausgerechnet ihren letzten Gig in Deutschland verpasste.
Obwohl Mad Sin erst vor einigen Wochen in Leipzig aufgetreten waren, kann man sich die Jungs, die im Anschluß an die Broken Bones spielten, einfach immer wieder ansehen! So hauten Köfte und Kollegen auch dieses Mal wieder ordentlich auf die Kacke, kamen übelst gut rüber und der Saal tobte. Nicht weniger ging der Auftritt von Discipline in die Vollen, die dieses Mal mit´m rosa Radel zum Gig erschienen waren.
Zu meiner Schande muß ich gestehen, daß mir Tech 9, bis zu ihrem Auftritt an diesem Abend absolut nichts sagten und wenn man mal ehrlich ist, Tech 9 klingt ja auch nicht gerade kultverdächtig, oder ? Offensichtlich ging es aber noch einigen anderen Leuten wie mir, da sich zunächst relativ wenige Leute vor der Bühne einfanden. Das änderte sich jedoch recht schnell, als die Kollegen loslegten und der Zuhörerschaft ´ne absolut geile Hardcore-Oi! Mischung um die Ohren hauten, die so richtig schön abging. Nachdem es offensichtlich zunächst einige technische Schwierigkeiten vor dem Auftritt gegeben hatte, ging es endlich los.Unter den Klängen zum Clockwork Orange tauchten die Adicts aus dem Trockeneisnebel auf und ließen es königlich krachen.Wie es sich für einen Auftritt der Clockworker gehört wurden Glitter und alles mögliche und unmögliche andere Zeugs unters Publikum geworfen, um das sich die Anwesenden fast prügelten.
Nun kann man ja von den Holländern denken was man will, von wegen Posing und Muskelkult usw. aber eines muß man den Jungs lassen, sie wissen, wie man ordentlich am Rad dreht und geniale Musik macht und das stellten sie, wie auch vor einigen Monaten beim Oi! The Meeting in Leipzig auch heute wieder unter Beweis.
Da konnten Scrattergun, die ihren Gig im Anschluß durchzogen nicht wirklich mithalten. Dafür haute der Auftritt der Broken Bones wieder umso mehr rein. Lange hatte ich die Altpunker nicht mehr live auf der Bühne gesehen. Umso mehr Spaß kam beim Auftritt der Kollegen auf, die an diesem Abend mal wieder ´ne ordentliche Ladung richtig schönen harten Punk ablieferten. Nach so einem Gig hätte man eigentlich auch gut auf den Auftritt der Cockney Rejects verzichten können und es wäre dennoch insgesamt ein genial zu nennender Abend gewesen zumal mich die Engländer beim Oi! The Meeting ohnehin nicht so hundertprozentig zu überzeugen vermochten. An diesem Abend schafften sie es.
Allerdings könnte ich nicht wirklich sagen, was dieses Mal anders war, denn die Rejects spielten das, was sie eigentlich immer spielen, ihre alten Kracher, aber irgendwie gingen die Stücke dieses Mal einfach wesentlich mehr ab, als bei den früheren Auftritten der Band, die ich bislang gesehen hatte und man hatte den Eindruck, als wären die großen alten Männer des Oi! wirklich mit Spaß bei der Sache und stünden nicht lediglich wegen der Kohle auf der Bühne. So bildete der Gig der Rejects einen recht gelungenen Abschluß für ein Festival , das trotz einiger Schönheitsfehler wie langer Wartezeiten, kurzen Auftritten, teuren Getränken und einer völlig überteuerten Garderobenpreisen den H.I.S. Festivals in nichts nachstand.